Rechtliche Grundlage der Lärmaktionsplanung ist die EG-Umgebungslärmrichtlinie
vom 25.06.2002, die 2005 in deutsches Recht umgesetzt wurde. Für die Gemeinde Glienicke wurde auf dieser Grundlage nunmehr ein Entwurf eines Lärmaktionsplans erstellt. Der Entwurf des Lärmaktionsplans lag zur Einsicht und Stellungnahme aus.
Mittlerweile liegen auch die Stellungnahmen der Glienicker Fraktionen zum Lärmaktionsplan vor. Es gibt erfreuliche Stellungnahmen (Grüne/Piraten, DIE LINKE) und sehr enttäuschende (CDU/FDP). Machen Sie sich selbst ein Bild von den Positionen (unten auf der Seite).
Für unsere Straßenzüge kommt der Entwurf des Lärmaktionsplans zu dem Schluss, dass keine Lärmbetroffenheit vorliegt. Leider wurden dabei insbesondere zwei Aspekte vergessen:
Im November 2014 wurde durch die Bürgerinitiative für mehr Verkehrsberuhigung ein Petitionsschreiben an die Anwohner verteilt. Der Lärmaktionsplan der Gemeinde Glienicke sollte diesen Aspekten durch den Vorschlag einer spürbaren Reduktion des Verkehrsaufkommens Rechnung tragen. Gefordert wurde eine wirksame Verkehrsberuhigung in diesem reinen Wohngebiet um die Straßenzüge vom Durchgangsverkehr und den damit verbundenen Lärmbeeinträchtigungen zu entlasten!
Alle Glienicker Fraktionen haben mittlerweile Stellungnahmen zum Entwurf des Lärmaktionsplans abgegeben. Es gibt erfreuliche Lichtblicke und
enttäuschende Ausfälle. Die Stellungnahmen der Fraktionen stehen jeweils zum Download bereit und sind in für unsere betroffenen Straßen in Auszügen dokumentiert und
kommentiert.
Bild:Johannes Wolff /
Waldsee
„In der Lärmaktionsplanung werden die Breitscheidstraße, die Märkische Allee, die Karlstraße, die Alte Schildower Straße und die Lessingstraße nicht berücksichtigt. Begründet wird dies bei den
letzteren Straßen damit, dass diese die Mittelungspegel von 65 und 55dB(A) nicht überschreiten. Die Verkehrsbelastung dieser Straßen wird jedoch im Berliner Stadtgebiet zusammengeführt und ergibt
dann mit hoher Wahrscheinlichkeit dort doch wieder eine „Lärmbetroffenheit“, die nur durch die Gemeinde Glienicke und die entsprechende Berliner Verwaltung gemeinsam bekämpft werden kann. Wir
schlagen vor, die Haupterschließungstraßen ebenfalls im Lärmaktionsplan zu betrachten, zumindest sind darin die Verbindungsstraßen Lessingstraße, Karlstraße und Alte Schildower Straße nach Berlin
aufzunehmen.“
„Die berechneten Lärmbelastungen beruhen auf den zulässigen Höchstgeschwindigkeiten. Diese werden jedoch im Extremfall in 90% aller Messungen überschritten, so dass die tatsächliche Lärmbelastung damit nicht erfasst wird und man folglich mit dem Lärmaktionsplan darauf nicht angemessen reagiert. Wir fordern eine wirksame Kontrolle und Durchsetzung der festgelegten Höchstgeschwindigkeiten.“
Die Stellungnahme der Fraktion DIE LINKE wird durchweg begrüßt.
Wesentliche Forderungen der betroffenen Anwohner aus vergangenen Diskussionen werden aufgegriffen. Als einzige Fraktion wird der Aspekt des Miteinanders von Glienickern und Berlinern in der Verkehrsproblematik explizit hervorgehoben.
Fazit: Gelebte Bürgerbeteiligung und ein echter Lichtblick! Weiter so!
„Die Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit wird als Quelle einer ungenauen Lärmkartierung nicht genannt. Wir fordern, dass diese Abweichungen zukünftig in die Belastung eingerechnet werden.“
„Karlstraße – Alte Schildower Straße
Die Gutachter kommen zum Ergebnis, dass durchgängig keine Lärmpegel von 65 dB(A) im Tagesmittel bzw. 55 dB(A) nachts überschritten werden. Leider liegen für die Berechnung keine Zahlen vor. Die Verkehrsbelastung ist mit 18.000 Fahrzeugen, einem Schwerlastanteil von 5% und einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 40 % sehr erheblich. Für diesen Bereich müssen dringend Abweichungszahlen der Gutachter eingeholt werden. Wir fordern eine weitere Senkung der Höchstgeschwindigkeit, die Durchsetzung der Geschwindigkeitsbegrenzung, die Durchsetzung des Fahrverbotes für den Schwerlastverkehr und die Prüfung einer Einbahnstraßenregelung.
Lessingstraße
Die Gutachter kommen zum Ergebnis, dass durchgängig keine Lärmpegel von 65 dB(A) im Tagesmittel bzw. 55 dB(A) nachts überschritten werden. Leider liegen für die Berechnung keine Zahlen vor. Die Verkehrsbelastung ist mit 18.900 Fahrzeugen, einem Schwerlastanteil von 5% und einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 87% jedoch sehr erheblich. Für diesen Bereich müssen dringend Abweichungszahlen der Gutachter eingeholt werden. Wir fordern eine weitere Senkung der Höchstgeschwindigkeit, die Durchsetzung der Geschwindigkeitsbegrenzung und die Prüfung einer Einbahnstraßenregelung.“
„Hotspot-Analyse:
Die Gutachter ermitteln an fünf Straßenabschnitten Lärmbrennpunkte […] Diesen Brennpunkten stimmen wir zu.
Zusätzlich sehen wir folgende „Hot-Spots“, die einer Maßnahmenanalyse unterzogen werden müssen:
- Märkische Allee
- Karl/ Alte Schildower Straße
- Lessingstraße“
„Aus unserer Sicht sind Geschwindigkeitsüberschreitungen ein großer, bisher nicht erfasster Belastungsfaktor […]. Dementsprechend sollte die wirksame Durchsetzung der Geschwindigkeitsnormen in den Maßnahmenkatalog aufgenommen werden.“
„Der Maßnahmenkatalog sollte außerdem um das Konzept der gemeinsamen, gleichberechtigten Nutzung des öffentlichen Raumes durch alle Verkehrsteilnehmer (Shared Space) erweitert werden. Die durch die gegenseitige Rücksichtnahme erreichte Geschwindigkeits- und Geräuschreduzierung, geht mit einer sehr großen Akzeptanz durch die PKW-Nutzer einher.“
Die Stellungnahme der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen/ PIRATEN wird durchweg begrüßt.
Die vorgeschlagenen Positionen sind grüne Politik vom feinsten! Es wird zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger eindeutig Stellung für Lärmschutz durch Verkehrsberuhigung bezogen.
Sowohl bei der Auswahl der Maßnahmen als auch bei der Analyse der betroffenen „Hotspots“ hat man ein offenes Ohr für alle Bürgerinnen und Bürger gehabt, die sich in die Diskussionen mit Vorschlägen eingebracht haben!
„Das berechtigte Anliegen der Glienicker Bürger auf eine Minderung des Lärms in den Wohngebieten erfordert ein Gesamtkonzept, das nicht durch Verkehrsverlagerung zu Lasten einzelner Nebenstraßen geht. Das generelle Maßnahmenbündel […] des Lärmaktionsplanes zielt aus Sicht der SPD Fraktion in die richtige Richtung.“
„Für uns ist nicht nachvollziehbar, dass die Einrichtung von Einbahnstraßen im Bereich Nohlstr. und Leipziger Str. sowie Karlstr. /Lessingstr. und Alte Schildower Str. zu signifikanten Lärmreduzierungen führen kann. Dieses ist genauer zu prüfen.“
Die Stellungnahme der SPD Fraktion bleibt hinter ihren Möglichkeiten zurück.
Acht Prüfaufträge auf zwei knappen DinA4 Seiten Text, das ist eindeutig zu vage. Offensichtlich gab es keine Mehrheiten sich durchgehend klar zum Lärmschutz und damit verbundenen, verkehrsberuhigenden Maßnahmen zu bekennen. Ein Bezug zu den Folgeproblemen in Berlin rund um die Schildower Straße wird komplett ausgeblendet. Unseren Forderungen für Lessingstraße, Karlstraße und Alte Schildower Straße erteilt man eine Absage „durch die Blume“.
Gute Ansätze wie der Einbezug tatsächlich gefahrener Geschwindigkeiten und Verkehrsmengen bleiben leider ohne Konsequenz in den Forderungen.
Schade, das ist eindeutig steigerungsfähig!
Bei der Fortschreibung des Lärmaktionsplanes sollten auf jeden Fall nicht nur die Daten der
Lärmkartierung zugrunde gelegt werden sondern auch die Ergebnisse eigener Messungen und
Verkehrszählungen.
Die Ergebnisse der örtlichen Verkehrszählungen sollten Berücksichtigung finden, insbesondere was die realen Geschwindigkeiten angeht, da diese oft über den erlaubten Tempolimits liegen und das Lärmgeschehen somit beeinflussen.
Geschwindigkeitsreduzierungen
Nachstehende Temporeduzierungen begrüßen wir:
Eine Verkehrsverlagerung auf andere Nebenstraßen ist bei einer derart umfassenden
Temporeduzierung unwahrscheinlich, da in den möglichen Nebenstraßen generell Tempo 30 gilt.
Die Stellungnahme der Glienicker Bürgerliste macht sich für die im Lärmaktionsplan vorgeschlagenen Maßnahmen auch im Hinblick auf Geschwindigkeits-reduzierungen stark.
Leider fehlt ein Bezug zu den bei uns betroffenen Straßen ebenso wie ein Bezug zur Problematik in Berlin.
Eine solide Stellungnahme leider ohne Bezug zu unseren konkreten Anliegen.
„Grundsätzlich lässt sich feststellen: Von weinigen Brennpunkten bei den Stoßzeiten abgesehen sind Verkehrsgeräusche nicht Glienickes vordringlichstes Problem. Das Verkehrsaufkommen nachts ist überwiegend gering. Aus diesem Grunde sind die vom Land empfohlenen Grenz-/Prüfwerte aus unserer Sicht angemessen. Nichts desto weniger sollte bei künftigen Straßenbau- und –Sanierungsmaßnahmen Lärmminderung ein wesentlicher Entscheidungsfaktor bei der Wahl des Belags sein.“
„Angesichts der bereits überwiegend auf 30 Km/h beschränkten Wohngebiete gibt es auf den übergeordneten Straßen keine Notwendigkeit weiterer weiträumiger Geschwindigkeitsbegrenzungen oder anderer verkehrsbehindernder Maßnahmen.“
Eine enttäuschende Stellungnahme!
Die CDU/ FDP-Fraktion hält verkehrsbedingten Lärm in Glienicke für nicht problematisch. Zwar wird von „Brennpunkten“ und „Stoßzeiten“ gesprochen, diese jedoch nicht im Detail benannt. Daraus resultierende Maßnahmen werden dementsprechend ebenfalls nicht genannt. Vielmehr wird darauf gedrungen, weitere verkehrsberuhigende Maßnahmen zu verhindern um fließenden Autoverkehr zu forcieren. Kurioserweise wird dies dann mit dem Umweltschutz begründet.
Das die Einhaltung bestehender Geschwindigkeitsbegrenzungen gefordert wird ist begrüßenswert, sollte aber eine Selbstverständlichkeit sein.
Darüber hinaus werden lediglich vage Kausalketten diskutiert: Wenn der Verkehrsfluss auf der B96 besser wäre, würde auch der Anreiz zur Umfahrung in Wohngebieten gemindert. So weit, so klar, so aussichtslos...
Bild:Johannes Wolff / Lessingstraße Übergang Elsestraße